A Plague Tale: Innocence Review – A Rat, A Torch, A Death

 

„Amicia? I’m scared of what’s in my head.“

„Don’t worry, Hugo. We’re all scared of what’s in our heads.“


Die fünfzehn jährige Amicia de Rune ist die älteste Tochter eines französischen Adelshauses die zur Zeit des 14. Jahrhunderts aufwachsen muss. Ihrem anfänglich beinahe unbeschwertem Leben inmitten einer Familie die sie liebt, wird nach einem großen Schicksalsschlag ein jähes Ende gesetzt. Nun komplett verwaist und auf sich selbst gestellt muss sie aus ihrem Elternhaus fliehen, um sich selbst und ihren kleinen Bruder Hugo in Sicherheit zu bringen. So bleibt den beiden unschuldigen Geschwistern nichts anderes übrig, als sich ihren Weg durch das düstere Mittelalter zu bahnen, wobei sie kaum erahnen können, was sie auf diesem Weg alles erwarten wird.

Amicia ist eine willensstarke und mutige junge Dame, die zunächst jedoch Schwierigkeiten hat, in die Rolle der größeren Schwester und Beschützerin des kleinen Hugos zu finden. Hugo leidet nämlich an einer seltenen Krankheit und wurde so sein ganzes Leben lang vom Außenleben und von seiner restlichen Familie abgeschnitten. Seine einzige Bezugsperson stellte all die Jahre nur seine Mutter dar und richtigen Kontakt zu seiner Schwester hatte er nie. Auch Amicia hat keine Ahnung, wie sie richtig mit ihm und seiner geheimnisvollen Krankheit umzugehen hat. Hugo nun in Obhut nehmen zu müssen und für ihn zu sorgen, ist eine Situation, der sie sich nicht richtig gewachsen zu sehen scheint. Doch der Weg in Richtung Sicherheit, weg von den dunklen Mächten, die die beiden Geschwister nun aus welchem Grund auch immer zu verfolgen scheinen, verlangt von beiden, sich miteinander zu arrangieren und zusammenzuarbeiten. Aus anfänglicher Skepsis, Eifersucht und Unsicherheit heraus wächst jedoch auf diesem beschwerlichen Weg eine tiefe Bindung, die allen Gefahren trotzt. So erzählt A Plague Tale: Innocence die Geschichte von Familie, Freundschaft und Liebe, die über alles hinausgeht.

Der schwarze Tod

Der Tod lauert in jeder Ecke. In A Plague Tale: Innocence hat dieser auch eine bestimmte Form: Ratten. Ratten, die jedes Lebeswesen bis auf ihren letzten Knochen abnagen und zur allgemeinen Gefahr der restlichen Überlebenden werden. Doch die Ratten haben eine Schwäche, das Licht, was für unsere Geschwister ultimativ bedeutet: Dort wo Licht ist, bist du sicher. So werden Fackeln, Lampen, Feuer zu euren besten Freunden auf dem Weg durch die Ruinen des vom Pest zerfressenen Mittelalters. Natürlich ist die Beschaffung einer Lichtquelle nicht immer einfach. Manchmal gibt es eben kein Licht. Manchmal sind Leute im Licht, die es erst zu beseitigen gilt.

Die Level in A Plague Tale: Innocence bestehen meist aus vielen Umwelt-Puzzles die es zu lösen gilt, sodass ihr euch den besten Pfad durch die düstere Nacht bahnen könnt. Unterstützt werdet ihr dadurch vor allem durch Amicias Fähigkeit ihre Steinschleuder zu benutzen. Neben dem Licht ist die Steinschleuder euer zweiter bester Freund und die einzige Waffe, die ihr zur Verfügung habt. Auch die Freunde und Kumpanen, die ihr auf eurem Weg kennen lernt, sind eine große Hilfestellung. Diese bringen Amicia etwa neue alchemistische Rezepte bei, mit denen sie Pulverchen und anderes craften kann, die sie in dunklen Situationen weiterbringen. So gibt es beispielsweise Mittelchen um Feuer zu entfachen, Feuer zu löschen, oder Stahlhelme aufzulösen, damit ihr mit einem gezielten Treffer gegen den Kopf des Gegners diesen ausschalten könnt.
Da Amicia in Sachen Nahkampf nicht sehr bewandert ist und es den ultimativen Bildschirmtod bedeutet, wenn ein Gegner euch entdeckt und zu nahe kommt, gilt es eure Steinschleuder gezielt und treffsicher einzusetzen. Mit der Schleuder, alchemistischen Mittelchen, eurem kleinen Bruder in der Hand und euren anderen Wegbegleitern an eurer Seite navigiert ihr euch also durch die vielen Puzzle, von Lichtquelle zu Lichtquelle um dem allgegenwärtig drohenden Tod durch Ratten aus dem Weg zu gehen. Die Rätsel selbst sind zwar nie besonders fordernd, aber gleichzeitig stellenweise doch angenehm tricky und knackig, vor allem weil man durch das gänzlich fehlende HUD (außer dem Crafting-Menü) manchmal gar nicht weiß, wo man hinsoll. Die Lösung selbst liegt dann meistens zwar wirklich auf der Hand und man ärgert sich kurzzeitig, weshalb man diese nicht schon viel früher gefunden hat, ist schlussendlich dann aber auch sehr befriedigt, wenn man es geschafft hat ein weiteres Level hinter sich zu lassen. Da A Plague Tale: Innocence aber sehr linear ist, gibt es meistens nur einen Weg, den Weg vorwärts und nur eine richtige Lösung. Das ist schade, so hat man nicht die Möglichkeit an Rätseln herumzuprobieren oder gar einen alternativen Weg zu finden, was den Wiederspielwert erheblich sinken lässt.

 Ratten sind überall in der Welt von A Plague Tale. (Bild: Screenshot)

Leise wie eine Maus

Neben der Dynamik mit Amicias Steinschleuder ist in A Plague Tale: Innocence auch besonders eine andere Gameplay-Mechanik im zentralen Fokus. Freunde von Stealth Mechanismen kommen in diesem Adventure voll auf ihre Kosten. Da Amicia und ihre jungen Begleiter keine Lara Croft oder Geralt von Riva sind, die ihre Gegner mittels Feuergefecht oder einem gezielten Stoß mit dem Schwert ein Ende setzen, ist es in allen Situationen im Spiel erforderlich den Atem anzuhalten, leise zu sein und von Deckung zu Deckung zu schleichen ohne gesehen zu werden. Dieses Stealth-Gameplay ist dem Spiel sehr gut gelungen und lässt durch die dichte und düstere Atmosphäre, die das Spiel zu bieten hat, den Adrenalinspiegel im Blut steigern und das Herz höher schlagen. Da es keine Minimap gibt ist hier vor allem die eigene Beobachtungsgabe von Nöten: Welchen Weg gehen die Gegner? Wo finde ich die nächste Deckung? In welche Richtung muss ich? Wenn es an manchen Stellen keinen Ausweg zu geben scheint, hat man noch die Möglichkeit Gegner und Wachen von Orten wegzulocken in dem man sie irgendwie ablenkt, Steine oder Porzellanpötte wirft.

Einen anderen Punkt, den A Plague Tale: Innocence wirklich auszeichnet ist wie die NPCs, die Amicia als Wegbegleiter zur Seite stehen, ins Gameplay verwoben werden. Zu keinem Zeitpunkt hatte man das Gefühl, dass diese irgendeine Blockade darstellen, im Weg stehen oder völlig nutzlos sind. Sogar der kleine Hugo wurde aktiv ins Gameplay einbezogen. Jede Person rund um Amicia hat eine Aufgabe zu erfüllen. Auf diese Weise kommt ein großartiges Gefühl der Freundschaft und Verbundenheit auf, man hilft sich aus, man unterstützt den anderen so gut wie möglich, um aus brenzligen Situationen heil wieder herauszukommen.

 Amicia und Hugo halten zusammen. (Bild: Screenshot)

The Last God of France

A Plague Tale: Innocence vereint viele Elemente, die man so oder so ähnlich schon mal in irgendeinem Spiel davor gesehen hat. Die Environment-Puzzles mit der Steinschleuder erinnern zeitweise an die mit Kratos‘ Axt aus dem aktuellen God of War Teil. Die Dynamik mit einem kleinen Geschwisterchen an der Hand und von zwei bisher voneinander unabhängigen Charakteren, die im Verlauf der Geschichte eine Bindung zueinander aufbauen, die gesamte Atmosphäre und beinahe apokalyptisch anmutende Umwelt erinnert teilweise an The Last of Us. Trotzdem wirkt A Plague Tale: Innocence nicht wie eine bloße Abkupferung oder gar Kopie etwaiger Titel. Die Optik, Grafik und das Sounddesign, die Gesichtsanimationen, das Voice Acting und die Vertonung können längst mit einem x-beliebigen Triple A Titel mithalten.
A Plague Tale: Innocence erzählt die Story von verlorenen Seelen die zusammen und trotz ihres jungen Alters ihrer Kindheit Lebewohl sagen müssen, um den Gefahren der Welt zu trotzen. Obwohl es nicht wie die innovativste Geschichte klingt, berührt diese und geht ins Herz. Leider wirkt sie aber stellenweise auch ziemlich langgezogen und gerade am Ende nach einigen nervenaufreibenden Bossfights ist man den Mechaniken rund um Steinschleuder und Co etwas überdrüssig und man ist glücklich und erleichtert wenn die Credits rollen.
Wer aber nach all den vielen Open Worlds, die die Videospielwelt uns zurzeit vor die Füße wirft, ein lineares und ans Herz gehendes kleines Adventure Spiel vermisst, wem Stealth-Mechaniken und das Fehlen von vielen großen Kämpfen nichts ausmacht, der sollte sich unbedingt A Plague Tale: Innocence zu Herzen nehmen.
Das Spiel rund um Amicia und ihren zuckersüßen kleinen Bruder Hugo ist bereits mein absoluter Geheimtipp des Jahres.

 (Bild: Screenshot)

Für dieses Review wurde mir ein Pressemuster zur Verfügung gestellt. Das hat meine Berichterstattung zu keinster Weise beeinflusst. Jetzt wisst ihr es trotzdem. Danke an Koch Media für die Zusammenarbeit!

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Fazit
A Plague Tale: Innocence erzählt die Geschichte zweier Geschwister, die in all dem Chaos das um sie herrscht erst zueinander finden müssen, um die Welt in der sie nun leben zu bestreiten. Dabei vereint es viele Puzzle innerhalb der Level mit einer spannenden und nervenaufreibenden Stealth-Mechanik. Wo die Story und die Level sehr linear gehalten sind gibt es aber meist keine verschiedenen Lösungswege und im letzten Drittel der Geschichte zieht sich diese ziemlich. Trotzdem bereits der Geheimtipp des Jahres und eines der besten linearen Adventures in letzter Zeit.
Pros
Nervenaufreibende Atmosphäre im dunklen Mittelalter
Spannende Stealth Mechanik
Sympathische Charaktere
Knackige, befriedigende Rätsel
Cons
Sehr linear, meist nur eine richtige Lösung
Story zieht sich etwas
Stellenweise manchmal frustrierend
85

About Marina

Studiert irgendwas mit Medien. Spielt am liebsten auf der PS4, liebt alles was eine dramatische Story hat, am liebsten aber Games mit bärtigen und grummeligen Männern. Ist auf Twitter am coolsten. Chefin bei dieletztevoneuch.de. PR-Mensch bei GameNotify.

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